Das Thermenmuseum beherbergt eine der bedeutendsten Sammlung antiker Kunstwerke in der italienischen Hauptstadt Rom. Es zeigt Gemälde, Mosaiken, Stuckarbeiten und Skulpturen von Ausgrabungen in Rom und Umgebung. Seit zwei Monaten bietet das Museum aber eine ganz spezielle Attraktion: Computersimulationen entführen den Besucher in eine dreidimensionale, virtuelle Antike.
Eine Frauenstimme führt uns durch Gassen und über Plätze der antiken Weltstadt. Vorbei an Tempeln und Palästen und den bis zu fünf Etagen hohen Mehrfamilienhäusern der ärmeren Bevölkerung. Durch ein Tor geht es hinaus auf die Via Flamina, eine der ältesten Straßen der Welt. Von Rom, der Hauptstadt des Weltreiches aus, bringt sie den Reisenden bis nach Rimini, im Nordosten des italienischen Stiefels.
Auf perfekt gepflasterten Straßen geht es vorbei an Villen und antiken Städten, an Triumphbögen und großen Gütern, auf denen tausende von Sklaven arbeiten. Die - häufig auch jüngeren Besucher sind begeistert von ihrem virtuellen Spaziergang über die Via Flaminia.
"Denen ist es gelungen, die Antike wieder lebendig zu machen. Toll, das ist besser als in einem Kinofilm, denn hier erleben wir das alles dreidimensional! Ich finde das sehr schön! Ich habe vergleichbares noch in keinem Museum gesehen.
Vor allem finde ich gut, dass dieser 3-D-Film so konstruiert ist, das man sich in der antiken Umgebung bewegen kann, aber auch vieles lernt."
Wir befinden uns in einem verdunkelten Raum des Thermenmuseums, mitten in Rom. Die gewaltigen Ruinen ehemaliger Kaiserthermen sind heute Teil des römischen Nationalmuseums für antike Kunst - einer der faszinierendsten Orte der ewigen Stadt. Hier können Besucher in die Antike eintauchen: mit Filmen, mit Musik und mit 3-D-Brillen, erklärt der Computerspezialist Carlo Camporesi:
"Das hier ist der Saal des virtuellen Museums der Via Flaminia. Der Besucher wird von der Weltstadt aus Rom in die Landschaft geführt, vorbei an antiken Monumenten und der prächtigen Villa der Livia, der Ehefrau von Kaiser Augustus. Zwei Jahre lang haben wir an dieser virtuellen Realität gearbeitet."
Zwei Jahre, in denen Carlo Campresi und die anderen Mitarbeiter des staatlichen Instituts für angewandte Technologien im Bereich historischer Kunstgüter - Virtual Heritage Lab genannt - viel zu tun hatten. Mit modernster Scannertechnik wurden die Ruinen antiker Monumente sowie die Landschaft, in der sie sich heute befinden, erfasst. Für diese Arbeit nutzte man Technologien, die bereits von Verteidigungsministerien in den USA und in Europa genutzt wurden, um für virtuelle Kampf Übungen mögliche Kampfgebiete in Form von 3-D-Modellen präsent zu haben.
Dabei werden die Landschaftsdaten via Satellit erfasst und zu dreidimensionalen Computergrafiken umgewandelt. Mit Laserscannern und verschiedenen Verfahren zur Raumvermessung aber auch mit Hilfe alter Gemälde und der Auswertung schriftlicher Überlieferungen aus der Antike über Raumgrößen und die Gestaltung der einzelnen Gebäude wird die Vergangenheit virtuell wieder lebendig.
Dazu Carla Pescarin vom Institut für angewandte Technologien:
"Das sind langwierige Datenerfassungen, die es uns aber ermöglichen, am Computer die antiken Monumente virtuell darzustellen. Nicht nur das: wir können, in Zusammenarbeit mit Archäologen, auch Hypothesen dazu anstellen, wie die einzelnen Gebäude früher einmal ausgesehen haben. Unser Ziel war genau dies: den Besucher in die Antike zu führen und ihm zu zeigen, wie das damals alles aussah."
Der Eindruck ist fantastisch. Vor allem in der dreidimensional aus den Ruinen wieder auferstandenen Villa der Livia. aus dem dritten Jahrhundert. Eine Landvilla mit allem Luxus der damaligen Zeit. Mit der 3-D-Brille vor dem Gesicht wird der Museumsbesucher von außen an das Gebäude herangeführt, um dann von Raum zu Raum zu schreiten. In einigen Sälen sitzen oder stehen Personen: Kaiser Augustus und Gattin Livia, aber auch Personal. Auf Wunsch berichten sie von ihren Vergnügungen und ihrer Arbeit in der Villa.
Ebenfalls sehr suggestiv sind die vier Computer im gleichen Raum. Der Besucher kann per Joystick seinen Weg durch römische Gebäude und die antike Villa-Livia selbst bestimmen. Carlo Camporesi:
"Die von uns benutzten Technologien ähneln denen der normalen Computerspiele. Nur haben wir eine große Datenauflösung zum ersten Mal im Bereich der archäologischen Forschung eingesetzt, um die römische Antike wieder lebendig zu machen."
Wie durch Zauberhand steigen aus wenigen alten Steinen die mit Fresken verzierten Wände der Villa von Livia wieder in die Höhe. Der virtuelle Besucher mit seiner 3-D-Brille geht durch lange und mit Öllampen beleuchtete Korridore, um dann in einen Garten oder in ein Schlafgemach einzutreten. Man kann Sklaven bei der Arbeit zuschauen oder in einem der alten Bäder plantschen. Römische Antike - einmal ganz anders erlebt!
Quelle:
Deutschlandradio Kultur