Die berechtigte Diskussion will nicht enden. Hier nun ein Beitrag auf FOCUS Online zu diesem Thema.
http://www.focus.de/wissen/bildung/varu ... 27208.html
Die Varusschlacht, die nach dem römischen Statthalter Publius Quinctillius Varus benannt ist, wird von zahlreichen Autoren beschrieben. Die Angaben über den Ort variieren aber zum Teil erheblich. Nach dem Bekanntwerden neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ist ein Streit darüber entbrannt, ob die „Schlacht im Teutoburger Wald“ nun tatsächlich im Kreis Lippe oder aber bei Kalkriese nahe Osnabrück stattgefunden hat.
Bei der Varusschlacht wurden im Jahr 9 nach Christus drei römische Legionen vom germanischen Cheruskerfürst Arminius (Hermann) in einen Hinterhalt gelockt und vernichtend geschlagen. Rund 10 000 Menschen verloren bei der Auseinandersetzung ihr Leben. Mit der Niederlage endete der Versuch Roms, ganz Germanien zu kolonisieren.
Über Jahrhunderte war der Teutoburger Wald bei Detmold, wo auch das Hermannsdenkmal steht, als historischer Ort des Waffengangs angesehen worden. Doch 1987 wurden bei Kalkriese nahe Osnabrück 162 römische Münzen und drei Wurfgeschosse aus Blei entdeckt. Dennoch zweifeln vor allem Geschichtsinteressierte aus dem Kreis Lippe daran, dass auf dem Grabungsfeld in Kalkriese wirklich die Überreste der Schlacht von 9 nach Christus gefunden wurden, bei dem drei römische Legionen von dem Cheruskerfürsten Arminius vernichtend geschlagen wurden. Deshalb wurde auch zwischenzeitlich die Forderung erhoben, dass sich Kalkriese nicht mehr als „Ort der Varusschlacht“ bezeichnen darf.
Was spricht für Lippe?
Der Vorsitzende des Vereins Arminiusforschung, Heinrich Kemper, verweist unter anderem auf die Münzen, die bei den Ausgrabungen in Kalkriese entdeckt wurden. Es sei unwahrscheinlich, dass in den abgelegenen Provinzen des römischen Reiches schon um 9 nach Christus solche Münzen kursierten. Zudem wurden Spitzgräben als Indiz dafür angeführt, dass es sich bei den archäologischen Funden in Niedersachsen nicht um Relikte einer Schlacht, sondern eines römischen Marschlagers handelt.
Kemper, der zugleich Mitglied des Düsseldorfer Landtags ist, plädiert deshalb für eine objektive Diskussion darüber, ob die Schlacht im Teutoburger Wald möglicherweise im heutigen Kreis Lippe stattgefunden hat. Es gehe darum, den „Alleinvertretungsanspruch“ Kalkrieses zu hinterfragen und sich objektiv mit den Fakten zu befassen. Man wolle in Rahmen des zum 2000. Jahrestag geplanten Projektes, in dem der aktuelle Forschungsstand zu der Schlacht präsentiert werden soll, die Frage nach dem historischen Ort der Varusschlacht thematisieren, erklärte Kemper.
Was spricht für Kalkriese?
Der Geschäftsführer der Varusschlacht-GmbH, Joseph Rottmann, ist überzeugt, dass der historische Ort bei Kalkriese liegt. „Die jetzt wieder aufgeflammte Diskussion ist nicht neu. Die Thesen sind seit fünf bis sechs Jahren bekannt“, erklärt er. In Kalkriese liege das einzige antike Schlachtfeld, das derzeit weltweit erforscht wird, unterstreicht Rottmann.
Sein Museum arbeite mit namhaften Wissenschaftlern zusammen, die in der Mehrheit die These unterstützten, dass die Schlacht, mit der die römische Expansion nach Germanien ein Ende fand, bei Kalkriese stattfand. Seit den ersten Funden aus dem Jahr 1987 und den 1989 begonnenen Ausgrabungen seien rund 6000 Relikte aus dem Boden geholt worden – schwerpunktmäßig handele es sich um Münzen und Militaria, Tier- oder Menschenknochen sowie Wallanlagen.
Demgegenüber habe es im Raum Lippe nur vereinzelte Funde gegeben. Aus Sicht von Rottmann sprechen die Indizien für Kalkriese – auch wenn er einräumt, dass es sich bei manchen Funden um „Puzzleteile“ handelt, die in ihrer Bedeutung noch eingeordnet werden müssten.
Ein Schiff für die gemeinsame Sache
Im Rahmen des länderübergreifenden Projekts im Jahr 2009 ist auch der Nachbau eines römischen Schiffes geplant, das für die Veranstaltungen zu dem Jahrestag werben soll. Die Projektpartner möchten deshalb schon jetzt den Eindruck vermeiden, sie säßen nicht im selben Boot. „Uns zeigt die Diskussion, dass wir richtig mit dem Projekt liegen, weil die Frage, wo der Ort der Varusschlacht liegt, offenbar auch heute noch Experten und Laien interessiert“, erklärt der Sprecher der Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL), Frank Tafertshofer.
Der LWL ist mit seinem Westfälischen Römermuseum in Haltern beteiligt. Dort hatten die Römer einst ein Lager aufgeschlagen, von dem aus drei Legionen um die Jahrtausendwende zur Niederlage im Wald ausgezogen waren. Zumindest dieser historische Fakt ist derzeit unbestritten.